Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) im digitalen Rechnungsprozess bewegt aktuell viele Unternehmen. Ist KI nur ein weiteres Buzzword im Kontext der Digitalisierung, oder steht sie tatsächlich für eine disruptive Veränderung im Purchase-to-Pay (P2P)-Prozess? Unsere Kollegin Alham Schmidt hat sich dieser Frage im Rahmen einer Diskussionsrunde beim Shift/Finance Purchase-to-Pay FORUM gestellt. Im Folgenden beleuchten wir die wichtigsten Erkenntnisse und Praxisbeispiele aus der Runde.
Was ist das wirklich disruptive Versprechen von KI im Rechnungswesen?
Der zentrale Unterschied zwischen klassischer, regelbasierter Automatisierung und KI liegt in der Fähigkeit, Muster zu erkennen, zu lernen und sich an neue Situationen anzupassen. Während regelbasierte Systeme nach festen Vorgaben arbeiten („Wenn Betrag > 5.000 €, dann Freigabe durch Leitung“), analysiert KI historische Daten, erkennt Abweichungen und schlägt eigenständig Lösungen vor – auch bei komplexen oder neuen Fällen. Dadurch kann KI nicht nur repetitive Aufgaben automatisieren, sondern auch Sonderfälle und Ausnahmen effizienter bearbeiten, die bisher viel manuelle Nacharbeit erforderten.
Wo zeigt KI heute bereits Wirkung im Rechnungsprozess?
Bereits heute gibt es zahlreiche Anwendungsfälle, in denen KI den Rechnungsprozess spürbar verbessert
- Datenvalidierung und Fehlererkennung: KI prüft eingehende Rechnungen auf Vollständigkeit und Plausibilität, erkennt fehlende oder fehlerhafte Angaben und schlägt Korrekturen vor. Gerade bei der Verarbeitung von E-Rechnungen oder X-Rechnungen kann KI helfen, Fehler frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
- Automatisiertes Matching: KI kann Rechnungen auch dann korrekt zuordnen, wenn beispielsweise Bestellnummern fehlen oder abweichen. Sie nutzt dazu weitere Datenpunkte und lernt aus vergangenen Zuordnungen.
- Workflow-Steuerung und Vorschlagswesen: KI schlägt Kontierungen und Freigabewege vor, basierend auf bisherigen Buchungen und Unternehmensrichtlinien. Besonders bei Rechnungen ohne Bestellbezug oder bei komplexen Sachverhalten zeigt sich der Mehrwert, da die Software kontinuierlich dazulernt und Vorschläge immer präziser werden.
- Transparenz und Reporting: KI kann auffällige Muster erkennen, etwa wiederkehrende Ablehnungen von Lieferantenrechnungen, und diese an die zuständigen Mitarbeitenden melden. So entstehen Freiräume für Prozessverbesserungen und gezielte Kommunikation mit Lieferanten.
Wo liegen die größten Herausforderungen?
Trotz aller Potenziale gibt es auch Hürden:
- Datenqualität: „Shit in, shit out“ – ohne saubere, strukturierte Daten bleibt auch die beste KI wirkungslos. Unternehmen müssen zunächst die Grundlagen schaffen, bevor KI ihr volles Potenzial entfalten kann.
- Integration in bestehende Systeme: Die Anbindung von KI-Lösungen an bestehende ERP- und Buchhaltungssysteme ist technisch anspruchsvoll und erfordert eine sorgfältige Planung.
- Akzeptanz und Change Management: Mitarbeitende müssen die KI als Unterstützung und nicht als Bedrohung wahrnehmen. Nur wenn sie verstehen, wie KI ihre Arbeit erleichtert, kann die Technologie ihr volles Potenzial entfalten.
- Regulatorische Unsicherheiten: Unterschiedliche gesetzliche Vorgaben, etwa bei E-Rechnungen, sorgen für Unsicherheiten und erschweren die Standardisierung.
Welche Veränderungen braucht es für eine erfolgreiche KI-Einführung?
Die Einführung von KI im Rechnungswesen ist nicht nur ein IT-Projekt, sondern ein umfassender Veränderungsprozess:
- Organisatorische Einbindung: Alle relevanten Abteilungen – von Einkauf bis Buchhaltung – sollten frühzeitig eingebunden werden, um Anforderungen und Erwartungen abzustimmen.
- Transparente Kommunikation: Offene Kommunikation über Ziele, Nutzen und Grenzen der KI ist essenziell, um Ängste abzubauen und Akzeptanz zu schaffen.
- Transparente Kommunikation: Offene Kommunikation über Ziele, Nutzen und Grenzen der KI ist essenziell, um Ängste abzubauen und Akzeptanz zu schaffen.
- Schrittweises Vorgehen: Es empfiehlt sich, mit klar abgegrenzten Use Cases zu starten und die Automatisierung schrittweise auszubauen. So können Mitarbeitende Erfahrungen sammeln und Vertrauen in die Technologie entwickeln.
- Kontinuierliche Weiterbildung: Mitarbeitende sollten gezielt geschult und befähigt werden, um die neuen Möglichkeiten optimal zu nutzen und die Prozesse kontinuierlich zu verbessern.
Fazit: Positive Disruption mit Augenmaß
KI im digitalen Rechnungsprozess ist mehr als ein Buzzword – sie steht für eine positive Disruption, die den Arbeitsalltag spürbar erleichtert und Prozesse effizienter macht. Die größten Potenziale liegen in der Automatisierung repetitiver Aufgaben, der intelligenten Fehlererkennung und der Unterstützung bei komplexen Fällen. Damit KI ihr Versprechen einlösen kann, braucht es jedoch eine solide Datenbasis, die Einbindung aller Stakeholder und eine offene, lernbereite Unternehmenskultur. Wer jetzt die Weichen richtig stellt, profitiert nicht nur von Effizienzgewinnen, sondern stärkt auch die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens.
Vertiefen Sie Ihre Einblicke in das Thema und erfahren Sie im ergänzenden Video mit Alham Schmidt, wie Unternehmen mit OpenText Aviator die Effizienz im Rechnungswesen gezielt steigern – praxisnah und mit weiteren Impulsen für Ihr Business.